Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)

Foto: Logo_Sylter_Unternehmerwoche_RGB

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist die deutsche Umsetzung der sog. EU-Whistleblower-Richtlinie.

Ziel des HinSchG ist der Schutz von Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese melden. Das HinSchG verbietet jegliche Repressalien gegenüber hinweisgebenden Personen (sog. Whistleblowern) und verpflichtet Unternehmen, sichere Kanäle für die Meldung von Missständen einzurichten. 

Der Bereich der Personen, der nach dem HinSchG geschützt ist, ist weit gefasst: Beschäftigte, auch bereits ausgeschiedene Beschäftigte, Stellenbewerber, Praktikanten, Leiharbeitnehmer, Selbstständige, die Dienstleistungen erbringen, Freiberufler, Auftragnehmer, Unterauftragnehmer, Lieferanten und deren Mitarbeiter.

Nicht jede Meldung einer Verletzung von Rechtsvorschriften ist vom HinSchG umfasst. Der Schutzbereich ist aber sehr weit gefasst. Hinweisgebende Personen genießen den Schutz des HinSchG, wenn sie Verstöße gegen folgende Vorschriften melden (Aufzählung nicht abschließend): 

  • Verstöße gegen Strafvorschriften
  • Verstöße, die mit einem Bußgeld bedroht sind, wenn die verletzte Norm dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient. z.B. Mindestlohngesetz und Arbeits- und Gesundheitsschutz.
  • Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder auf EU-Basis: z.B. Bekämpfung von Geldwäsche, Vorgaben zur Produktsicherheit, zum Umweltschutz, Datenschutz und Wettbewerbsrecht

 

Wer ist verpflichtet interne Meldestellen einzurichten?

  • Die Pflicht gilt für Beschäftigungsgeber mit in der Regel mindestens 250 Beschäftigten seit Inkrafttreten des Gesetzes am 02.07.2023.
  • Beschäftigungsgeber mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten müssen ihre internen Meldestellen erst ab dem 17. Dezember 2023 einrichten.
  • Unternehmen von bis zu 49 Beschäftigten sind von den Verpflichtungen des Hinweisgeberschutzgesetzes befreit. Es sei denn, sie sind bereits nach dem geltenden Unionsrecht dazu verpflichtet, § 12 Abs. 3 HinSchG (z.B. Kaptalverwaltungsgesellschaften gemäß § 17 Abs. 1 KAGB oder Versicherungsunternehmen gemäß § 1 Abs.1 VAG mit Ausnahmen).

 

Regelmäßige Beschäftigungszahl

Zur Feststellung der regelmäßigen Beschäftigtenzahl bedarf es eines Rückblicks auf die bisherige personelle Stärke und einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung. Es soll nicht eine auf einen bestimmten Stichtag abgestellte Betrachtung erfolgen. Vielmehr ist auf die Beschäftigungslage abzustellen, die im Allgemeinen für den Betrieb kennzeichnend ist, wobei es nicht darauf ankommt, ob im Betrieb, die Arbeitnehmer ununterbrochen effektiv tätig waren. So werden z.B. Arbeitnehmerinnen, die lediglich aus Gründen des Mutterschutzes zeitweise nicht im Betrieb arbeiten mitberücksichtigt. Wird eine Ersatzkraft für den Erziehungsurlaubberechtigten eingestellt, wird nur eine Person gezählt. Leiharbeitnehmer sind bei der Bestimmung der Betriebsgröße mitzuzählen, soweit mit ihnen ein regelmäßiger Beschäftigungsbedarf abgedeckt wird. Zeiten außergewöhnlich hohen oder niedrigen Geschäftsanfalls sind dabei nicht zu berücksichtigen. Bei einem Saisonbetrieb ist die Anzahl der regelmäßig Beschäftigten auf die Dauer der Saison zu beziehen. Hiervon zu unterscheiden sind Aushilfskräfte, welche nur aus Anlass eines außerplanmäßigen Bedarfs eingestellt sind, z.B. Inventur, Ausverkauf, Weihnachtsgeschäft.

 

Wie richte ich interne Meldestellen ein?

  • Es kann eine beschäftigte Person, eine Arbeitseinheit oder ein Dritter mit den Aufgaben einer internen Meldestelle betraut werden.
  • Unerlässlich ist die Unabhängigkeit der Meldestelle.
  • Interessenkonflikte sind auszuschließen (Geschäftsführer/-innen eignen sich wohl nicht als interne Meldestelle).
  • Interne Meldestelle ist für eine gewisse Dauer einzurichten, um ein sachgerechtes Arbeiten zu ermöglichen.
  • das Vertrauen potenziell hinweisgebender Personen in die Meldestelle muss gewahrt sein.
  • Eine gewisse Expertise der Meldestelle wird verlangt (notwendige Fachkunde). Dies kann beispielsweise durch geeignete Schulungen sichergestellt werden.

 

Es werden bewusst keine gesetzlichen Vorgaben dazu gemacht, welche Personen oder Organisationseinheiten am besten geeignet sind, um diese Aufgabe auszuführen. Dies hängt von der jeweiligen Organisationsstruktur, der Größe und der Art der ausgeübten Tätigkeiten ab. Daher soll den betroffenen Stellen im Einzelfall die größtmögliche Freiheit bei der Erfüllung dieser Anforderungen eingeräumt werden. Als mögliche interne Meldestellen in kleineren Unternehmen können Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter mit einer Doppelfunktion, Leiterinnen oder Leiter der Complianceabteilung, Integritätsbeauftragte, Rechts- oder Datenschutzbeauftragte oder Auditverantwortliche benannt werden. Dies zeigt die Bandbreite der möglichen Umsetzung der Verpflichtung, die nicht eingeschränkt werden soll, solange die gesetzlichen Vorgaben insbesondere in Bezug auf die Unabhängigkeit und Vertraulichkeit eingehalten werden.

Es können, so wie dies auch bereits in der Praxis teilweise durch Ombudspersonen gehandhabt wird, externe Dritte mit der Einrichtung und dem Betreiben der internen Meldestelle beauftragt werden. Insbesondere die Beauftragung externer Anwältinnen und Anwälte als Ombudspersonen ist weiterhin möglich, die die zusätzliche Aufgabe des Betreibens einer internen Meldestelle übernehmen können. Darüber hinaus kommen externe Berater, Prüfer, Gewerkschaftsvertreter oder Arbeitnehmervertreter in Bedacht. In keinem Fall kann der Dritte völlig losgelöst von dem betreffenden Unternehmen oder der jeweiligen Institution agieren. Insbesondere für Folgemaßnahmen zur Prüfung der Stichhaltigkeit einer Meldung bedarf es einer Kooperation zwischen dem beauftragten Dritten und dem Beschäftigungsgeber oder der jeweiligen Organisationseinheit. Die Verantwortung dafür, dass ein etwaiger Verstoß abgestellt wird, verbleibt bei dem beauftragenden Beschäftigungsgeber.

 

Welchen Meldekanäle können genutzt werden?

Die Vorgaben zur Einrichtung und Ausgestaltung interner Meldekanäle sind bewusst allgemein gehalten. Die Unternehmen sollen frei darin sein, wie sie Meldestelle betreiben. So ist es möglich, die Umstände des Einzelfalls angemessen zu berücksichtigen in Bezug auf die Größe der juristischen Person, die Anzahl der zu erwartenden Meldungen und die Sensibilität der möglicherweise betroffenen Materien. Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer sind einzubeziehen. Meldekanäle können so ausgestaltet sein, dass sie auch anderen natürlichen Personen offenstehen und Meldungen anonym abgegeben werden können – verpflichtend ist dies nicht. Die Meldekanäle sind so zu gestalten, dass nur die für die Entgegennahme und Bearbeitung der Meldungen zuständigen sowie die sie bei der Erfüllung dieser Aufgaben unterstützenden Personen Zugriff auf die eingehenden Meldungen haben, vgl. § 16 HinSchG.

Interne Meldekanäle müssen Meldungen in mündlicher oder in Textform ermöglichen. Mündliche Meldungen müssen per Telefon oder mittels einer anderen Art der Sprachübermittlung möglich sein. Auf Ersuchen der hinweisgebenden Person ist für eine Meldung innerhalb einer angemessenen Zeit eine persönliche Zusammenkunft mit einer für die Entgegennahme einer Meldung zuständigen Person der internen Meldestelle zu ermöglichen. Mit Einwilligung der hinweisgebenden Person kann die Zusammenkunft auch im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.

Mögliche Kanäle sind: besonderer Briefkasten, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Software, ….

 

Sanktionen

Wer nicht dafür sorgt, dass eine Meldestelle eingerichtet oder betrieben wird, die Kommunikation verhindert oder Repressalien gegenüber den hinweisgebenden Personen ergreift, muss ab dem 01. Dezember 2023 mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 50.000€ rechnen, vgl. § 40 HinSchG.

 

Zusammenfassung

  • stellen Sie fest, ob Sie mit Ihrem Unternehmen unter das Hinweisgeberschutzgesetz fallen
  • beauftragen Sie eine geeignete und fachkundige Person oder Organisation als Meldestelle
  • stellen Sie einen Meldekanal bereit, der Meldung mündlich oder in Textform zulässt (z.B. spezielle Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Software, Briefkasten)
  • stellen Sie sicher, dass nur die für die Entgegennahme und Bearbeitung der Meldungen zuständigen sowie die sie bei der Erfüllung dieser Aufgaben unterstützenden Personen Zugriff auf die eingehenden Meldungen haben und beachten Sie den Datenschutz
  • weisen Sie auf externe Meldestellen hin (z.B. Bundesamt der Justiz)

Für weitere Informationen und als Beispiel für eine (behördliche) interne Meldestelle dient das Schleswig-Holsteinische Innenministerium.